Montag, 2. Juni 2008

Menschen und Mentalität

Auch die Mentalität der Türken war mir nicht neu. Aber dennoch muss ich sagen, dass hier mal wieder einiges anders war bzw. ist, als ich es erwartet hatte. Ich habe sehr unterschiedliche Erfahrungen gemacht. Was ich wirklich zuerst sagen muss ist, dass, wenn es darauf ankommt und man wirklich Hilfe braucht, immer jemand da ist. Ganz extrem habe ich es zu spüren bekommen, als meine Freundin von der Uni mich bei sich aufgenommen hat, in ihrem zu Hause, wo sie mit ihrer Schwester und ihrem Bruder gewohnt hat. Aber auch sonst, geht etwas kaputt, repariert es jemand, sucht man nach dem Weg, bringt dich dort jemand auch hin. Will man in dem einen Laden nichts kaufen, sagt der Verkäufer einem aber trotzdem, wo man das, was man sucht, finden kann, auch, wenn er somit keinen Gewinn macht. Sagt man, man ist Student, bekommt man sowieso öfter mal etwas günstiger. Sagt man dann noch, dass man Erasmus macht, Türkisch lernen will und das Land mag, bekommt man noch einen Tee dazu. Und wenn man mal einen Lira zu wenig in der Tasche hat, ist das auch nicht unbedingt ein Problem. Ich hatte mal im Bus kein Kleingeld und der Busfahrer konnte nicht wechseln da hat er mich durchgewunken. Kein Problem. Da wird man nicht hinausgeworfen. Als ich vor Weihnachten mit meinem schweren Koffer den Eingang zur Metro gesucht habe, hat mir ein Mann den Koffer getragen und mich dorthin gebracht (er hat sich über seien Hilfsbereitschaft bestimmt geärgert, denn der Koffer war sehr schwer!).


In der Türkei gibt es übrigens das System „auf Türkisch zahlen“ oder „auf Deutsch zahlen“. Man zahlt hier niemals getrennt, und als Frau zahlt man schon mal gar nicht, wenn man mit einem Mann unterwegs ist. Oft schon wurde ich ausgelacht, wenn ich den Teil, den ich gegessen habe, bezahlen wollte. „Wir sind doch nicht in Deutschland!“ Auch, wenn es mir manchmal schon unangenehm ist, wenn ich wieder nichts zahle, ist das durchaus ein System, an das ich mich gewöhnen kann :)


Auf der anderen Seite haben die Türken aber auch gewisse Eigenschaften, mit denen ich nur sehr schwer zurecht komme. Vielleicht ist das auch zusätzlich noch eine Eigenart Istanbuls, die sich durch die Größe und Hektik dieser Großstadt ausgebildet hat, aber es ist schon sehr extrem. Die Türken können nämlich unglaublich unverschämt sein. Dazu gehört, dass niemand aus dem Weg geht, wenn man sich auf einer Straße entgegenkommt. Die erwarten, dass man aus dem Weg geht, vor allem die Frauen, und wenn man sich dann anrempelt, wird man ganz empört angeschaut. Mittlerweile nehme ich schon keine Rücksicht mehr, bin schließlich nicht der Depp vom Dienst. Aber es ist eben auch anstrengend, sich seinen Weg zu erkämpfen. Ich sag ja, ein Samstagvormittag im Oberhauseren Centro schockt mich nicht mehr. Außerdem regt mich die Dreistigkeit auf. Sie sind immer alleine. Ein Türke kommt in ein Geschäft und ruft sofort „Bakar misiniz!?“ (Entschuldigung!) Der Bedienstete macht dann meist drei Sachen auf einmal, und meistens steht man selber länger rum und die später reingekommene Person ist schon längst wieder draußen, weil man einfach nicht dreist genug ist. Aber meine Unverschämtheitsgrenze liegt nun mal weitaus niedriger als die der Türken. Vor allem die Frauen führen sich auf wie Prinzessinnen. Aber man sieht auch schon bei den Kindern, dass diese Eigenart anerzogen wird. Die können sich alles erlauben. Dennoch gibt es manche Regeln, an die sich mit übertriebener Konsequenz gehalten wird. Es gibt Busse, in denen man nicht telefonieren darf, da wird man dann sofort darauf hingewiesen und bitter böse angeschaut, wenn man sich diesem Verbot widersetzt, aber ansonsten ist alles erlaubt, solange der Türke sofort das bekommt, was er will.

Generell ist aber die Art der Türken sehr offenherzig. In Deutschland steht man sich als Fremder am Anfang meist sehr kühl gegenüber, aber hier wird man sofort mit einem „Hos geldin“ (Herzlich Willkommen!) begrüßt, worauf sofort ein „Nasilsin?“ (wie geht’s?) folgt. Trifft man sich dann ein zweites Mal, gibt’s ein Küsschen links und rechts und man quatscht erstmal. Es ist sehr normal hier, sich einfach mal zu drücken oder auf die Wange zu küssen (wenn man sich freundschaftlich näher steht), und dann folgt dem Küsschen auch noch eine Umarmung. Untereinander geben sich die Türken auch gerne Spitznamen, Verniedlichungen. Ich finde das sehr schön, allerdings fragt man sich doch schon manchmal, ob das nicht mehr zum Umgangston gehört, als dass man sich wirklich immer mit allen so nah steht, wie man tut.

Eine andere Eigenschaft, die ich besonders als Deutsche nicht verstehen kann, ich die entspannte Einstellung der Türken der Arbeit gegenüber. Es mag natürlich schön sein, wenn drei Männer auf dem Bürgersteig sitzen, ein kleines Tischen aufgebaut haben, Tee trinken und Tavla (Backgammon) spielen, aber meistens überarbeitet sich dementsprechend auch niemand. Natürlich gibt es die schuftenden Menschen, viele sogar davon, und auch die Massen, die in ihre Banken fahren, den Müll sortieren, in Dönerbuden stehen, Schrammel an Touristen verkauen (es gibt so viele Möglichkeiten zu „arbeiten“ - habe auch noch nie so viele Bettler gesehen, oder so viele Menschen, die Taschentücherpakete an der Ecke verkaufen) und so. Aber niemand lässt sich die Raucherpause nehmen, gerne quatscht man mit jedem, der da kommt, sitz einfach irgendwo rum und schaut sich in der Gegend um. Vor allem auch viele junge Männer tun nichts. Aber letztendlich ist das auch egal, denn wenn man keinen Job hat, hat der Freund vom Bruder des Vaters einen Bekannten, der wiederum einen Sohn hat, dessen Freundes Vater einen Job in einem Laden hat, so dass man sich eigentlich um nichts wirklich kümmern muss. Außerdem haben auch viele Türken Verwandte in Deutschland (Ach!!?! Irgendwo müssen die 3 Millionen Türken in Deutschland ja herkommen!).

Aber ich will nicht gemein sein, ich kenne auch viele Studenten, die wirklich sehr fleißig sind. Und für ihre Prüfungen vor allem an der Uni tun sie meist viel. Aber bei einem Tee sagt niemand nein….

1 Kommentar:

Anonym hat gesagt…

Tja, andere Länder, andere Sitten -vor allen Dingen, eine andere Mentalität. Sicher sehr gewöhnungsbedürftig. Aber ich glaube, wichtig ist es, beide Seiten zu sehen - die angenehme und die weniger angenehme. Welche überwiegt letztendlich.?!
Bei uns in Deutschland gíbt es auch die weniger Netten!!! Mit ihren Marotten!
Ich finde, du hast dich sehr schnell auf die Mentalität der Türken eingestellt. Mittlerweile auch selber schon einige angenommen - vor allen Dingen die Eigenschaft "lockerlassen" bekommt dir ganz gut.
Das Leben in einer fremden Kultur ist sicherlich nicht einfach. Wird dir in Deutschland sicher auch erst einmal fehlen!
Aber ich freue mich darauf, dich wieder mehr in unserer Nähe zu haben!!!
Liebe Grüße aus Moers,
Mama