Freitag, 27. Juni 2008
back in Germany
Aber jetzt bin ich ersteinmal froh, die Zeit mit meiner Familie verbringen zu können, bevor ich in drei Wochen schon wieder auf die Grabung in die Türkei fahre.
Ich bedanke mich für die Begleitung in dieser Zeit und hoffe, es hat euch genauso Spaß gemacht, meinen Blog zu lesen, wie mir, diesen Blog mit Informationen zu füttern.
Dies ist der letzte Eintrag. Ich wünsche euch alles Gute und hoffe, wir sehen uns bald persönlich :)
Sonntag, 8. Juni 2008
...einige Änderungen...
Zuerst hatte ich ja meinen Flug für den 8.7. gebucht, aber auf Grund der Tatsache, dass kaum noch einer meiner Freunde mehr hier ist, ich kurz nach meiner Rückkehr wieder zurück in die Türkei auf meine Grabung fahre, meine Mitbewohner ebenfalls nicht mehr in Istanbul sind, da auch hier Ferien sind und die beiden zu ihren Familien fahren, habe ich meinen Flug umgebucht und fliege jetzt am 25.6. wieder zurück nach Deutschland. Unglaublich, das sind nur noch 17 Tage, 2,5 Wochen!! Das Jahr in Istanbul ist also fast vorbei. Ich schwanke noch zwischen der Traurigkeit, dass die Zeit hier dem Ende zugeht, und der riesigen Freude auf meine Familie und meine Freunde!!!
Aber letztendlich bin ich in Aufbruchstimmung. Ich mache die letzten Besorgungen, muss noch meine letzten Prüfungen schreiben, möchte meine Freunde hier ein letztes Mal sehen, genieße den Anblick des Bosporus jedes Mal aufs Neue, stürze mich noch einmal mehr in die Massen auf der Istiklal Caddesi (Einkaufsstraße) und freue mich riesig über das frühere Datum der Rückreise... ein weiterer wichtiger Lebensabschnitt ist vorbei, ein weiterer wichtiger beginnt...
Montag, 2. Juni 2008
Menschen und Mentalität
Auch die Mentalität der Türken war mir nicht neu. Aber dennoch muss ich sagen, dass hier mal wieder einiges anders war bzw. ist, als ich es erwartet hatte. Ich habe sehr unterschiedliche Erfahrungen gemacht. Was ich wirklich zuerst sagen muss ist, dass, wenn es darauf ankommt und man wirklich Hilfe braucht, immer jemand da ist. Ganz extrem habe ich es zu spüren bekommen, als meine Freundin von der Uni mich bei sich aufgenommen hat, in ihrem zu Hause, wo sie mit ihrer Schwester und ihrem Bruder gewohnt hat. Aber auch sonst, geht etwas kaputt, repariert es jemand, sucht man nach dem Weg, bringt dich dort jemand auch hin. Will man in dem einen Laden nichts kaufen, sagt der Verkäufer einem aber trotzdem, wo man das, was man sucht, finden kann, auch, wenn er somit keinen Gewinn macht. Sagt man, man ist Student, bekommt man sowieso öfter mal etwas günstiger. Sagt man dann noch, dass man Erasmus macht, Türkisch lernen will und das Land mag, bekommt man noch einen Tee dazu. Und wenn man mal einen Lira zu wenig in der Tasche hat, ist das auch nicht unbedingt ein Problem. Ich hatte mal im Bus kein Kleingeld und der Busfahrer konnte nicht wechseln da hat er mich durchgewunken. Kein Problem. Da wird man nicht hinausgeworfen. Als ich vor Weihnachten mit meinem schweren Koffer den Eingang zur Metro gesucht habe, hat mir ein Mann den Koffer getragen und mich dorthin gebracht (er hat sich über seien Hilfsbereitschaft bestimmt geärgert, denn der Koffer war sehr schwer!).
In der Türkei gibt es übrigens das System „auf Türkisch zahlen“ oder „auf Deutsch zahlen“. Man zahlt hier niemals getrennt, und als Frau zahlt man schon mal gar nicht, wenn man mit einem Mann unterwegs ist. Oft schon wurde ich ausgelacht, wenn ich den Teil, den ich gegessen habe, bezahlen wollte. „Wir sind doch nicht in Deutschland!“ Auch, wenn es mir manchmal schon unangenehm ist, wenn ich wieder nichts zahle, ist das durchaus ein System, an das ich mich gewöhnen kann :)
Auf der anderen Seite haben die Türken aber auch gewisse Eigenschaften, mit denen ich nur sehr schwer zurecht komme. Vielleicht ist das auch zusätzlich noch eine Eigenart Istanbuls, die sich durch die Größe und Hektik dieser Großstadt ausgebildet hat, aber es ist schon sehr extrem. Die Türken können nämlich unglaublich unverschämt sein. Dazu gehört, dass niemand aus dem Weg geht, wenn man sich auf einer Straße entgegenkommt. Die erwarten, dass man aus dem Weg geht, vor allem die Frauen, und wenn man sich dann anrempelt, wird man ganz empört angeschaut. Mittlerweile nehme ich schon keine Rücksicht mehr, bin schließlich nicht der Depp vom Dienst. Aber es ist eben auch anstrengend, sich seinen Weg zu erkämpfen. Ich sag ja, ein Samstagvormittag im Oberhauseren Centro schockt mich nicht mehr. Außerdem regt mich die Dreistigkeit auf. Sie sind immer alleine. Ein Türke kommt in ein Geschäft und ruft sofort „Bakar misiniz!?“ (Entschuldigung!) Der Bedienstete macht dann meist drei Sachen auf einmal, und meistens steht man selber länger rum und die später reingekommene Person ist schon längst wieder draußen, weil man einfach nicht dreist genug ist. Aber meine Unverschämtheitsgrenze liegt nun mal weitaus niedriger als die der Türken. Vor allem die Frauen führen sich auf wie Prinzessinnen. Aber man sieht auch schon bei den Kindern, dass diese Eigenart anerzogen wird. Die können sich alles erlauben. Dennoch gibt es manche Regeln, an die sich mit übertriebener Konsequenz gehalten wird. Es gibt Busse, in denen man nicht telefonieren darf, da wird man dann sofort darauf hingewiesen und bitter böse angeschaut, wenn man sich diesem Verbot widersetzt, aber ansonsten ist alles erlaubt, solange der Türke sofort das bekommt, was er will.
Generell ist aber die Art der Türken sehr offenherzig. In Deutschland steht man sich als Fremder am Anfang meist sehr kühl gegenüber, aber hier wird man sofort mit einem „Hos geldin“ (Herzlich Willkommen!) begrüßt, worauf sofort ein „Nasilsin?“ (wie geht’s?) folgt. Trifft man sich dann ein zweites Mal, gibt’s ein Küsschen links und rechts und man quatscht erstmal. Es ist sehr normal hier, sich einfach mal zu drücken oder auf die Wange zu küssen (wenn man sich freundschaftlich näher steht), und dann folgt dem Küsschen auch noch eine Umarmung. Untereinander geben sich die Türken auch gerne Spitznamen, Verniedlichungen. Ich finde das sehr schön, allerdings fragt man sich doch schon manchmal, ob das nicht mehr zum Umgangston gehört, als dass man sich wirklich immer mit allen so nah steht, wie man tut.
Eine andere Eigenschaft, die ich besonders als Deutsche nicht verstehen kann, ich die entspannte Einstellung der Türken der Arbeit gegenüber. Es mag natürlich schön sein, wenn drei Männer auf dem Bürgersteig sitzen, ein kleines Tischen aufgebaut haben, Tee trinken und Tavla (Backgammon) spielen, aber meistens überarbeitet sich dementsprechend auch niemand. Natürlich gibt es die schuftenden Menschen, viele sogar davon, und auch die Massen, die in ihre Banken fahren, den Müll sortieren, in Dönerbuden stehen, Schrammel an Touristen verkauen (es gibt so viele Möglichkeiten zu „arbeiten“ - habe auch noch nie so viele Bettler gesehen, oder so viele Menschen, die Taschentücherpakete an der Ecke verkaufen) und so. Aber niemand lässt sich die Raucherpause nehmen, gerne quatscht man mit jedem, der da kommt, sitz einfach irgendwo rum und schaut sich in der Gegend um. Vor allem auch viele junge Männer tun nichts. Aber letztendlich ist das auch egal, denn wenn man keinen Job hat, hat der Freund vom Bruder des Vaters einen Bekannten, der wiederum einen Sohn hat, dessen Freundes Vater einen Job in einem Laden hat, so dass man sich eigentlich um nichts wirklich kümmern muss. Außerdem haben auch viele Türken Verwandte in Deutschland (Ach!!?! Irgendwo müssen die 3 Millionen Türken in Deutschland ja herkommen!).
Aber ich will nicht gemein sein, ich kenne auch viele Studenten, die wirklich sehr fleißig sind. Und für ihre Prüfungen vor allem an der Uni tun sie meist viel. Aber bei einem Tee sagt niemand nein….
Freitag, 23. Mai 2008
Rumeli Hisarı
Die Burg besteht aus drei großen und 13 kleineren Rundtürmen, mehreren Torbauten und bis zu 7m dicken Schutzmauern. Nach kurzer Zeit wurde die Burg allerdings auch als Staatsgefängnis benutzt, weil sie an Bedeutung verloren hatte.
Die Anlage ist überwältigend, allerding auch ein wenig gefährlich. Man kann auf den Treppen innerhalb der Anlage sehr hoch hinauflaufen, allerdings gibt es keine Sicherung. Man muss also schon ziemlich aufpassen. Aber der Blick auf den Bosporus ist überwältigen.
Samstag, 17. Mai 2008
Angst
Ich habe in der Zeit in Istanbul nur wenige Momente erlebt, in denen ich wirklich Angst hatte. Normalerweise unterscheidet sich das Leben nicht wesentlich von dem in Deutschland. Man geht zur Uni, trifft Freunde, unternimmt was zusammen, trinkt Kaffee, geht essen, ins Kino, auf Konzerte, auf Feiern. Und selbst das Nach-Hause-Kommen war nicht besonders beängstigend. Mal mit dem Bus, mal mit dem Taxi, oder auch zu Fuß, ich habe mich zumindest nie in Gegenden begeben, in denen es wirklich gefährlich ist.
Aber manchmal gibt es eben Situationen, in denen etwas passiert, was man nicht einschätzen kann. Dazu gehört zum Beispiel der Istanbuler Straßenverkehr. In jedem Auto befindet sich eine Hupe, und die wird auch fleißig benutzt, dafür ist sie schließlich da. Wenn sie nicht alle zehn Minuten benutzt wird, ist sie sehr wahrscheinlich kaputt – durch Abnutzung. Die Hupe ist auch wesentlich wichtiger, als zum Beispiel Bremsen, denn das tun Istanbuler Autofahrer grundsätzlich nicht – außer, es lässt sich wirklich gar nicht vermeiden, was nur in den seltensten Fällen ist. Manchmal hat man den Eindruck, wenn die Autofahrer um eine Ecke kommen und sich gerade Fußgänger auf der Straße befinden (meistens eilt man sowieso schon voller Angst über die Straße, weil jederzeit ein neues Auto kommen kann), dass sie extra beschleunigen, um die Menschen rennen zu sehen. Nicht selten entkommt man so gerade eben den Autos, manchmal enden diese Kotakte auch nur knapp ohne Berührung. Ein erschreckendes Erlebnis hatte ich auf der Istiklal, der Haupteinkaufsstraße in Istanbul. Ein kleiner Transporter fuhr durch die Einkaufsstraße (leider fahren auch dort, wo eigentlich keine Autos fahren dürfen immer reichlich Autos herum – Taxies, Lieferwagen und natürlich die Polizei) und wollte an zwei Jungs vorbei, die vor ihm gingen. Er hupte, aber sie gingen nicht aus dem Weg – ob absichtlich oder ob sie es wirklich nicht wahrgenommen hatten, weiß ich nicht. Er versuchte es dreimal, und als die Jungs nicht aus dem Weg gingen, gab er Gas und fuhr einen von hinten an. Er fiel fast hin, sprang völlig erschrocken aus dem Weg, und der Mann (mit Frau und Kind im Wagen) gab Gas, schrie und gestikulierte wild, fühlte sich also auch noch völlig im Recht. Ich war schwer schockiert. Unmöglich. Und in diesem Sinne fühlen sich die Autofahrer meistens im Recht, so dass man als Fußgänger eigentlich nicht eine Chance hat, sondern immer warten sollte. Oder schnell sein sollte. Wenn man eine Straße überqueren will, sollte man nie zögern, denn wenn man nicht sofort losrennt, sobald sich eine Möglichkeit bietet, ist sie im nächsten Moment auch schon vorbei.
Ein weiteres Problem in Istanbul sind die Menschenmassen. Hier finden oft Demonstrationen statt, von denen ich mich immer tunlichst fern halte. Aber generell komme ich damit auch gar nicht in Berührung. Ganz schlimm waren die Demonstrationen am 1.Mai. Ich war den ganzen Tag mit meiner WG zu Hause, aber wir haben im Fernsehen verfolgt, dass in Taksim und auch an anderen Orten in Istanbul die Polizei gegen Demonstranten kämpfte, mit Tränengas, Wasserstrahlern und mit Körpereinsatz. Es kam zu Schlägereien, Verletzten und Unfällen, obwohl schon vorher Plätze abgesperrt wurden, ließen sich diese Konfrontationen doch nicht vermeiden. Auch wenn der Versuch löblich ist, Massenkarambolagen zu vermeiden, hat das leider auch nichts mehr mit Meinungsfreiheit zu tun.
Generell ist aber auch die Polizei mit Vorsicht zu genießen. Nicht selten nutzen sie ihre Macht auch aus. Meine Freundinnen haben durchaus schon ihre Erfahrungen gemacht, als sie auf der asiatischen Seite gewohnt haben und nachts Polizisten getroffen haben, die ihre Ausweise sehen wollten, sie nicht gehen ließen, oder auch einmal sie nach Hause begleitet haben und sie dann in der Küche saßen und nicht wieder gehen wollten, dort eine Stunde verharrten. Ich selber halte mich von denen fern, schaue sie nicht an, mache nicht auf mich aufmerksam, denn als Ausländer ist man immer gerne gefundenes Fressen für Machtspielchen. Aber auch so, wenn sie dann in Uniform, das Maschinengewehr im Anschlag und mit bösem Blick in der Einkaufsstraße stehen, finde ich es eher beunruhigend, als sicherheitsgebend.
Normalerweise habe ich auch in der Innenstadt keine Angst, obwohl es immer sehr extrem voll ist. Ein Ausflug ins Oberhausener Centro oder Essen Innenstadt an einem Samstag Vormittag kann mich jetzt wohl nicht mehr aus der Ruhe bringen. Aber einmal hatte ich doch ein mulmiges Gefühl, gerade heute, wo man ständig von irgendwelchen Anschlägen hört. Als ich für Silvester wieder in Istanbul war und am 31.12. noch mal durch die Innenstadt bin, standen da so viele Autos und ich dachte, hoffentlich findet jetzt nicht hier und heute ein Anschlag statt. Ich war wirklich heil froh, wieder zu Hause zu sein, und auch, als Silvester und Neujahr vorbei waren.
Mittlerweile habe ich mich aber daran gewöhnt, in einer der größten Städte der Welt zu leben. Man befindet sich ja immer nur in einem kleinen Teil der Stadt. Man muss sich gedanklich einfach damit arrangieren, und im Endeffekt einfach nicht mehr darüber nachdenken. Ist halt so, fertig. Denn trotz dieser Größe und diesem Dreck und dem Lärm gibt es hier auch wahnsinnig schöne Orte. Doch davon ein anderes Mal…
Donnerstag, 15. Mai 2008
Zeit des Feierns...
In dieser Woche werden jeden Abend Konzerte von der Uni "Mimar Sinan Güzel Sanatlar Üniversitesi" (Mimar Sinan Schöne Künste Universität) meiner Mitbewohnerin ausgerichtet. Ich bin dort Montag und Mitwoch mit einer großen Gruppe Freunden hingegangen. Wir haben viel gequatscht (ich sogar auf Türkisch!!!!! *freu*), getanzt und Fotos gemacht. Die Türken können wirklich feiern. Und dann habe ich auch endlich meine türkische Lieblingsband live gesehen: Ezginin Günlüğü!! :)
Hier ein paar Eindrücke von unseren Abenden.

Mitsu, Halit, Çisem, Burhan, ich, Kathi

Nevin, Halit, Çisem, ich, Gülistan, Çiğdem, Savaş
Çisem und ich
Kathi, Savaş, ich
Çisem, Mitsu, Selahattin
ich mit Çiğdem, Halit und Çisem
ich mit Çisem, Çiğdem und Nevin
ein Teil der Gruppe
beim Tanzen
Samstag, 10. Mai 2008
Persönliches...
Zwei Monate vor dem Ende meines 10monatigen Aufenthaltes in Istanbul möchte ich all meinen Lieben, die mich im Laufe der Zeit begleitet haben, sei es durch Telefonate, e-Mails, Sms, msn oder auch denen, die einfach nur regelmäßig meinen Blog gelesen haben, danken. Das Interesse und die Unterstützung haben mir sehr geholfen, die Zeit hier durchzustehen, und mich auch glücklich gemacht, weil Ihr mich nicht vergessen habt. Ich habe sehr viel in der Zeit hier erlebt, bisher aber immer nur die Highlights in meinem Blog veröffentlicht. Ich werde nun in den letzten Wochen einen Rückblick starten, der viel persönlicher ist, und neben all den Highlights auch mein normales Leben, meine Hoffnungen, Ängste und kleinen Glücksmomente berücksichtigt.
Es ist beängstigend, wie schnell die Zeit vergeht. Ich erinnere mich noch, wie ich in Istanbul ankam, die ersten Eindrücke, die Überwältigung, das Neue. Glücklicher Weise war der Kulturschock für mich nicht dermaßen riesig, weil ich ja schon einiges von der Grabung gewohnt bin. Aber dennoch, diese Stadt ist einfach riesig, laut, dreckig, voll, überwältigend, mitreißend. Ich stand dort an meinem ersten Tag, alleine in Istanbul, den ganzen Tag hatte ich im Amt verbracht um meine Aufenthaltserlaubnis zu bekommen. Dort standen wahnsinnig viele Menschen, die alle eine Sprache sprachen, die ich hoffte, nach meinem Aufenthalt auch zu sprechen. Hektik, Gedrängel, Rücksichtslosigkeit, keine Vorteile für das kleine deutsche Mädchen, das keine Ahnung hat und doch einfach nur hier für eine Weile leben möchte. Nein, eher wurde noch versucht, die Erlaubnis zu verhindern, hier fehlt das Dokument, deswegen muss du zu dem Schalter, Rumgemale in Originalbescheinigungen, usw. Glücklicherweise hatte ich die Unterstützung einer türkischen Freundin, ohne sie wäre ich vielleicht wieder zurück gekommen. Nachdem ich dann noch einmal zurückkommen musste, hatte ich denn endlich meinen Ausweis: Aufenthaltserlaubnis bis zum 12.7.2008!
Ich stand also da, meine neue Heimat, ein Land, dessen Sprache ich nicht sprach, dessen Leute ich nicht kannte, in einer riesigen, unüberschaubaren Stadt. Wo ist es sicher? Welche Gegenden sollte ich meiden? Was muss ich beachten? Das erste Mal in meinem Leben war ich wirklich alleine. Mein Zuhause ein Heim, Vierbettzimmer, keine Steckdose, keine Privatsphäre. Wie wird mein Leben in den nächsten Monaten verlaufen? Was werde ich erleben? Wird es eine positive Erfahrung? Werde ich Probleme bekommen? Ich war zwar verunsichert, aber neugierig. Ich hatte keine Angst, erstaunlicher Weise, aber einfach keine Ahnung, ich war ja erst am Anfang dieser Reise…
Ganz alleine war ich allerdings nicht, denn sowohl im Heim, als auch in meinem Sprachkurs waren noch ganz viele andere Erasmusstudenten. Sehr viele aus Deutschland, aber auch sonst von überall her: aus den Niederlanden, Frankreich, Österreich, Schweden, Italien, usw. Nach dem Sprachkurs hat sich das Ganze aber ziemlich verteilt, da nur wenige in Istanbul geblieben sind. Einige sind auch nach Ankara und Izmir weiter.
In den ersten Tagen haben sich aber Freundschaften gebildet, die bis heute bestehen. Und ich hoffe, wir werden auch in der Zukunft weiterhin Kontakt haben.
Die Tatsache, dass ich fünf Wochen in dem Heim leben musste, letztendlich als einzige Ersamusstudentin, nachdem schon die ganzen Türkinnen kamen, die dort ihr Jahr verbringen würden, hat mich schon sehr deprimiert. Wieso haben alle was gefunden, nur ich nicht? Und ich konnte dieses Heim nicht mehr ertragen, diese Kontrolle, diese Enge, das Leben aus dem Koffer, die fehlende Privatsphäre, die türkischen Zicken, die Sprache, die ich nicht verstand, die Erzählungen von Freundinnen, wie schön doch das neue Zimmer sei. Ich hatte gleich in den ersten fünf Wochen einen dicken grippalen Infekt, habe eine Woche Sprachkurs verpasst und auch diverse freundschaftliche Anschlüsse. Und während meine Freunde Ausflüge gemacht haben, habe ich mir Zimmer angeschaut. Und das waren manchmal Baracken, wofür die Leute echt noch Geld haben wollten! Und oft war es auch so, dass man, obwohl man nur ein Zimmer hatte, die Hälfte der Miete tragen sollte. Die türkische Art der Mietteilung, weil alle davon ausgehen, dass Europäer einfach mehr Geld haben… pfff, mag ja bei manchen auch stimmen, aber eben nicht bei allen…
Die neue Wohnung, die ich dann endlich gefunden hatte, war auch echt super schön, und ich wollte dort ja auch unbedingt einziehen, aber im Endeffekt einfach zu teuer. Gut, die Lage war einfach unschlagbar, schön war sie ja auch, und ich dachte, wenn ich dort zehn Monate die Treppen steige, bekomme ich muskulöse Beine und nen knackigen Po.
Aber nachdem die Regenzeit in Istanbul im November anfing, stellte sich die Qualität der Bruchbude heraus, überall kämpfte sich Schimmel unter der Farbe hervor, der Vermieter meinte, wir müssten mehr lüften (war ja sowieso nur die ganze Zeit kalt, weil schlecht isoliert), und im Endeffekt hatte das nichts mit Lüften zu tun. Das war einfach nur eine Bruchbude, die nicht einen Pfennig wert war.
Nachdem ich wieder anfing zu suchen, kam ich glücklicherweise auf die Idee, meine Freundin von der Uni zu fragen. Seit Mitte Januar wohne ich jetzt dort, mit ihrer Zwillingsschwester und deren Bruder zusammen, und es ist super schön. Natürlich gibt’s auch hier Momente, in denen ich denke: „hä??? Was soll das denn jetzt?“ oder „Ich bin doch nicht eure Putzfrau!!“, aber das Zusammenleben auf persönlicher Ebene stimmt einfach. Alle drei sind super lieb, wir reden auch viel (leider sprechen alle drei sehr gut Englisch, ich faule Nuss wende somit mein Türkisch auch nicht allzu oft an), wenn ich Probleme habe, kann ich mit ihnen sprechen und wir unternehmen auch öfter was zusammen.
Cisem, meine Freundin von der Uni, bei der ich jetzt lebe, und ich haben z.B. am ersten Mai, als hier in Istanbul Demonstrationen waren und wo man als Normalbürger lieber zu Hause bleiben sollte, zusammen gepuzzelt! Für sie war es das erste (!) Puzzle, das sie bis zum Ende gemacht hat, und für mich war es eine Art Suchtbefriedigung – wer mich genauer kennt weiß, wie sehr ich puzzeln liebe!! Und vermisse!! Wir fahren manchmal auch zusammen zur Uni oder gehen ins DAI, und jetzt machen wir sogar Tandem, denn sie wird sehr wahrscheinlich im Oktober nach Münster kommen, und so können wir schön zusammen Deutsch und Türkisch lernen.
Leider werde ich aber noch mal umziehen müssen. Manchmal frage ich mich, was ich falsch gemacht habe, wer mich strafen will, aber ich versuche das einfach als Chance zu sehen, wieder neue Leute kennen zu lernen, weitere Erfahrungen zu machen. Noch mal mit anderen zusammen leben, mir wieder die Möglichkeit zu geben, mich selber wieder ein kleines Stück besser kennen zu lernen, in einer neuen Situation. Dank meiner Mädels kann ich aber für die letzten fünf Wochen bei Freunden von ihnen unterkommen, die ich auch kenne und die auch wirklich sehr nett sind. Nur schade, dass ich meinen ganzen Kram wieder packen muss, und fünf Wochen später wieder. Ich dachte auch, ich könnte jetzt die letzten Wochen noch entspannt und in Ruhe mit den dreien zusammen wohnen. Der Abschied wird schwer genug, jetzt muss ich von denen schon eher Abschied nehmen und ich fange schon in Istanbul an, alle drei zu vermissen. Ich bin froh, dass Cisem nach Deutschland kommen will, denn dann sehen wir uns noch ein Jahr länger. Und ich kann ihr meine Heimat zeigen.
….soviel fürs erste…Fortsetzung folgt…
Donnerstag, 8. Mai 2008
Hıdrellez Şenlikleri - Frühlingsfestival
In Istanbul wurde ein großes Straßenfest gefeiert, mit Musikanten, Gesang und Tanz, es konnten Wunschzettel aufgehängt werden an Bäumen oder Häusern, denn laut Brauch werden die Wünsche, die in dieser Nacht ausgesprochen werden, wahr.
Leider war es wirklich sehr sehr voll, ich konnte nur wenige Fotos machen, da ich recht früh gegangen bin. Aber die geben schon einen schönen Eindruck von dem Abend.
ein Blick in die Menschenmenge, rechts eine Häuserfront mit Wunschzetteln zu sehen
ein Blick in die andere Richtung, überall waren Lichterketten aufgehängt
Montag, 21. April 2008
türkische Hochzeit
Ich stand also wieder mal vor der Frage: was ziehen ich an??? Da ich mir das Outfit erst zwei Tage vorher besorgen konnte, hatte ich schon Sorge, nichts Gescheites mehr zu finden. Letztendlich habe ich aber anscheinend doch ein gutes Gespür für Stil, und lag mit der Auswahl genau richtig. Die Schuhe habe ich noch am Abend vorher besorgt. Ich mußte ziemlich lange suchen, da man hier fast ausschließlich flache Schuhe oder Schuhe mit 10cm Absatz bekommt. Mir war aber klar, dass ich mir mit so einem Absatz schon nach zwei Schritten die Beine brechen würde. Die 5cm habe mich dann auch glücklich gemacht, meine Freundinnen dagegen jammerten über schmerzende Füße. Es war wirklich eine wunderschöne Feier!!!
Zuerst kam die standesamtliche Trauung, danach den Hochzeitstanz. Ein wunderschönes Lied für ein wunderschönes Paar. Nach dem Tanz fing dann das Essen an, Vorspeisenteller, danach Börek (Teigtaschen) mit Spinat und Pilzen und Tomatensauce, als Hauptgericht Rindfleisch mit Kartoffelpüree, als Nachtisch kleine Küchlein. Zwischendurch lief Musik, und eine Weile spielte auch eine Band, man konnte also immer tanzen. Nach dem Essen tanzten faßt alle, aber die Party war auch relativ schnell vorbei. Als wir gegen zwölf gegangen sind, war ein großer Teil schon gegangen. Für mich ein unvergeßliches Erlebnis.
wir sind endlich soweit: Yiğit, İpek, Çisem, Çiçek und ich
ich gleich zu Beginn in dem Restaurant
Dekoration
das Brautpaar nach der Trauung mit Standesbeamtin und Trauzeugen
das Brautpaar beim Tanz
wir Mädels beim Essen
das Brautpaar bei der Dankesrunde
das Brautpaar neben der "Hochzeitstorte"
das Anschneiden der Hochzeitstorte auf türkische Weise
den richtigen Zeitpunkt abgepaßt :)
Feiern nach dem Essen
Freitag, 18. April 2008
Sabancı Müzesi
Kathi am Bosporus
der Garten im Sabancı Museum
ich im Garten
im Garten mit Blick auf den Bosporus
ein großer Teppich
dieser Teppich ist etwas kleiner
einer der privaten Räume (leider etwas unscharf, eigentlich durfte man dort nicht fotografieren)
eine schlafende Mänade, leider nicht antik
Freitag, 11. April 2008
...immer noch Frühling....
Mittlerweile hat sich aber Istanbuls Gesicht geändert. Die Stadt kümmert sich sehr intensiv um die Bepflanzung, so dass hier jetzt überall Tulpen und Osterglocken blühen, wirklich wunderschön! Und wenn dann noch die Sonne über dem Bosporus scheint...
Ich habe diese Woche meinen Rückflug gebucht: 8.7.08! Ich bin schon ein wenig traurig. Ich freue mich zwar riesig auf alle meine Lieben, aber ich bin eben auch gerne hier. Naja, ich komme ja kurz darauf wieder zurück in die Türkei, dann ist ja erstmal wieder Grabung.
Soweit läuft es bei mir nun aber auch entspannter. Ich habe endlich meinen Essay fertig, der erste Test (die schreiben hier Zwischentests!!?!) ist auch vorbei, ein zweiter folgt noch nächste Woche. Glücklicher Weise sind somit gerade auch mal wieder zwei Wochen Ferien!!
Demnähst stelle ich auch wieder ein paar Fotos rein, leider will mein Handy die Fotos grad nicht an den Rechner geben... warum auch immer.
Herzlichste Grüße aus Istanbul!!!
Dienstag, 11. März 2008
Frühling in Istanbul
Auch hatte ich schon wieder Besuch hier. Mein Bruder Jens und seine Freundin Ute waren eine Woche hier und ich habe gelebt wie die Made im Speck :) wir haben uns sehr viel angeschaut, viel geredet und uns auch die Zeit genommen, einfach mal relaxed einen Kaffee in der Sonne am Bosporus zu trinken - es war eine super schöne Zeit. Und das Wetter hat auch gut mitgespielt. Wir haben uns sogar Sachen angeschaut, die ich noch gar nicht kannte, wie z.B. das Mosaikmuseum. Und wir waren in einer Gegend von Istanbul, die man alleine und ab dem Abend sowieso dringlichst meiden sollte. Im Kontrast dagegen waren wir in einem Einkaufzentrum, wo man besser nur window-shopping machen sollte, weil es einfach alles unbezahlbar ist. Wie zu erwarten waren wir auch in der Hagia Sophia, für mich zum x. Male, und da ich nächste Woche von der lieben Nicole Besuch bekomme, wird es noch einmal mehr werden *lach*
Ich freue mich schon riesig auf sie, habe bis dahin aber auch noch sehr viel zu tun. In zwei Wochen muss ich denn endlich mein Referat halten - auf Türkisch natürlich (ich hatte gehofft, ich käme drum herum...), aber gut, was muss, das muss. Und die Magisterarbeit ist eh ein Fass ohne Boden, je mehr ich dafür arbeite, desto mehr Möglichkeiten, Literatur, Vergleichsstücke, Fragen... ergeben sich.
Die restlichen vier Monate erwarte ich mit Spannung und Wehmut. Ich denke, das wird seit langem mal wieder der sonnigste, heißeste und längste Sommer und ich weiß jetzt schon, dass ich Istanbul vermissen werde. Aber vorerst werde ich es hier einfach nur genießen.
Sultan Ahmet Camii (links) und Hagia Sophia (rechts) vom Boot Richtung asiatische Seite aus gesehen
Vero und Felix an der Uferpromenade in Kadıköy
Jens und Ute in der Hagia Sophia
zwei wunderschöne, sehr gut erhaltene Mosaike
Montag, 18. Februar 2008
...noch mehr Schnee...
Hagia Sophia mit Park
Sultan Ahmet Camii mit Park