Freitag, 23. Mai 2008

Rumeli Hisarı

Letzte Woche war ich mit einer guten Freundin auf der Rumeli Burg. Mehmet der Eroberer ließ 1451/52 an der engsten Bosporusstelle ("nur" 660m breit) auf der europäischen Seite diese Burg errichten, die mit der Burg auf der gegenüberliegenden Seite zusammen die Kontrolle der Wasserstraße vom Schwarzen Meer zum Marmarameer ermöglichen sollte.
Die Burg besteht aus drei großen und 13 kleineren Rundtürmen, mehreren Torbauten und bis zu 7m dicken Schutzmauern. Nach kurzer Zeit wurde die Burg allerdings auch als Staatsgefängnis benutzt, weil sie an Bedeutung verloren hatte.
Die Anlage ist überwältigend, allerding auch ein wenig gefährlich. Man kann auf den Treppen innerhalb der Anlage sehr hoch hinauflaufen, allerdings gibt es keine Sicherung. Man muss also schon ziemlich aufpassen. Aber der Blick auf den Bosporus ist überwältigen.









Samstag, 17. Mai 2008

Angst

Ich habe in der Zeit in Istanbul nur wenige Momente erlebt, in denen ich wirklich Angst hatte. Normalerweise unterscheidet sich das Leben nicht wesentlich von dem in Deutschland. Man geht zur Uni, trifft Freunde, unternimmt was zusammen, trinkt Kaffee, geht essen, ins Kino, auf Konzerte, auf Feiern. Und selbst das Nach-Hause-Kommen war nicht besonders beängstigend. Mal mit dem Bus, mal mit dem Taxi, oder auch zu Fuß, ich habe mich zumindest nie in Gegenden begeben, in denen es wirklich gefährlich ist.

Aber manchmal gibt es eben Situationen, in denen etwas passiert, was man nicht einschätzen kann. Dazu gehört zum Beispiel der Istanbuler Straßenverkehr. In jedem Auto befindet sich eine Hupe, und die wird auch fleißig benutzt, dafür ist sie schließlich da. Wenn sie nicht alle zehn Minuten benutzt wird, ist sie sehr wahrscheinlich kaputt – durch Abnutzung. Die Hupe ist auch wesentlich wichtiger, als zum Beispiel Bremsen, denn das tun Istanbuler Autofahrer grundsätzlich nicht – außer, es lässt sich wirklich gar nicht vermeiden, was nur in den seltensten Fällen ist. Manchmal hat man den Eindruck, wenn die Autofahrer um eine Ecke kommen und sich gerade Fußgänger auf der Straße befinden (meistens eilt man sowieso schon voller Angst über die Straße, weil jederzeit ein neues Auto kommen kann), dass sie extra beschleunigen, um die Menschen rennen zu sehen. Nicht selten entkommt man so gerade eben den Autos, manchmal enden diese Kotakte auch nur knapp ohne Berührung. Ein erschreckendes Erlebnis hatte ich auf der Istiklal, der Haupteinkaufsstraße in Istanbul. Ein kleiner Transporter fuhr durch die Einkaufsstraße (leider fahren auch dort, wo eigentlich keine Autos fahren dürfen immer reichlich Autos herum – Taxies, Lieferwagen und natürlich die Polizei) und wollte an zwei Jungs vorbei, die vor ihm gingen. Er hupte, aber sie gingen nicht aus dem Weg – ob absichtlich oder ob sie es wirklich nicht wahrgenommen hatten, weiß ich nicht. Er versuchte es dreimal, und als die Jungs nicht aus dem Weg gingen, gab er Gas und fuhr einen von hinten an. Er fiel fast hin, sprang völlig erschrocken aus dem Weg, und der Mann (mit Frau und Kind im Wagen) gab Gas, schrie und gestikulierte wild, fühlte sich also auch noch völlig im Recht. Ich war schwer schockiert. Unmöglich. Und in diesem Sinne fühlen sich die Autofahrer meistens im Recht, so dass man als Fußgänger eigentlich nicht eine Chance hat, sondern immer warten sollte. Oder schnell sein sollte. Wenn man eine Straße überqueren will, sollte man nie zögern, denn wenn man nicht sofort losrennt, sobald sich eine Möglichkeit bietet, ist sie im nächsten Moment auch schon vorbei.

Ein weiteres Problem in Istanbul sind die Menschenmassen. Hier finden oft Demonstrationen statt, von denen ich mich immer tunlichst fern halte. Aber generell komme ich damit auch gar nicht in Berührung. Ganz schlimm waren die Demonstrationen am 1.Mai. Ich war den ganzen Tag mit meiner WG zu Hause, aber wir haben im Fernsehen verfolgt, dass in Taksim und auch an anderen Orten in Istanbul die Polizei gegen Demonstranten kämpfte, mit Tränengas, Wasserstrahlern und mit Körpereinsatz. Es kam zu Schlägereien, Verletzten und Unfällen, obwohl schon vorher Plätze abgesperrt wurden, ließen sich diese Konfrontationen doch nicht vermeiden. Auch wenn der Versuch löblich ist, Massenkarambolagen zu vermeiden, hat das leider auch nichts mehr mit Meinungsfreiheit zu tun.

Generell ist aber auch die Polizei mit Vorsicht zu genießen. Nicht selten nutzen sie ihre Macht auch aus. Meine Freundinnen haben durchaus schon ihre Erfahrungen gemacht, als sie auf der asiatischen Seite gewohnt haben und nachts Polizisten getroffen haben, die ihre Ausweise sehen wollten, sie nicht gehen ließen, oder auch einmal sie nach Hause begleitet haben und sie dann in der Küche saßen und nicht wieder gehen wollten, dort eine Stunde verharrten. Ich selber halte mich von denen fern, schaue sie nicht an, mache nicht auf mich aufmerksam, denn als Ausländer ist man immer gerne gefundenes Fressen für Machtspielchen. Aber auch so, wenn sie dann in Uniform, das Maschinengewehr im Anschlag und mit bösem Blick in der Einkaufsstraße stehen, finde ich es eher beunruhigend, als sicherheitsgebend.

Normalerweise habe ich auch in der Innenstadt keine Angst, obwohl es immer sehr extrem voll ist. Ein Ausflug ins Oberhausener Centro oder Essen Innenstadt an einem Samstag Vormittag kann mich jetzt wohl nicht mehr aus der Ruhe bringen. Aber einmal hatte ich doch ein mulmiges Gefühl, gerade heute, wo man ständig von irgendwelchen Anschlägen hört. Als ich für Silvester wieder in Istanbul war und am 31.12. noch mal durch die Innenstadt bin, standen da so viele Autos und ich dachte, hoffentlich findet jetzt nicht hier und heute ein Anschlag statt. Ich war wirklich heil froh, wieder zu Hause zu sein, und auch, als Silvester und Neujahr vorbei waren.

Mittlerweile habe ich mich aber daran gewöhnt, in einer der größten Städte der Welt zu leben. Man befindet sich ja immer nur in einem kleinen Teil der Stadt. Man muss sich gedanklich einfach damit arrangieren, und im Endeffekt einfach nicht mehr darüber nachdenken. Ist halt so, fertig. Denn trotz dieser Größe und diesem Dreck und dem Lärm gibt es hier auch wahnsinnig schöne Orte. Doch davon ein anderes Mal…

Donnerstag, 15. Mai 2008

Zeit des Feierns...

Mit dem Beginn des Frühlings haben die Türken dauernd einen Grund zum Feiern. Mir ist der Grund nicht immer bewußt, aber ist ja auch egal, solange die Feier gut ist.
In dieser Woche werden jeden Abend Konzerte von der Uni "Mimar Sinan Güzel Sanatlar Üniversitesi" (Mimar Sinan Schöne Künste Universität) meiner Mitbewohnerin ausgerichtet. Ich bin dort Montag und Mitwoch mit einer großen Gruppe Freunden hingegangen. Wir haben viel gequatscht (ich sogar auf Türkisch!!!!! *freu*), getanzt und Fotos gemacht. Die Türken können wirklich feiern. Und dann habe ich auch endlich meine türkische Lieblingsband live gesehen: Ezginin Günlüğü!! :)
Hier ein paar Eindrücke von unseren Abenden.


Mitsu, Halit, Çisem, Burhan, ich, Kathi


Nevin, Halit, Çisem, ich, Gülistan, Çiğdem, Savaş


Çisem und ich


Kathi, Savaş, ich


Çisem, Mitsu, Selahattin


ich mit Çiğdem, Halit und Çisem


ich mit Çisem, Çiğdem und Nevin


ein Teil der Gruppe


beim Tanzen





Samstag, 10. Mai 2008

Europe&Asia

Persönliches...

Zwei Monate vor dem Ende meines 10monatigen Aufenthaltes in Istanbul möchte ich all meinen Lieben, die mich im Laufe der Zeit begleitet haben, sei es durch Telefonate, e-Mails, Sms, msn oder auch denen, die einfach nur regelmäßig meinen Blog gelesen haben, danken. Das Interesse und die Unterstützung haben mir sehr geholfen, die Zeit hier durchzustehen, und mich auch glücklich gemacht, weil Ihr mich nicht vergessen habt. Ich habe sehr viel in der Zeit hier erlebt, bisher aber immer nur die Highlights in meinem Blog veröffentlicht. Ich werde nun in den letzten Wochen einen Rückblick starten, der viel persönlicher ist, und neben all den Highlights auch mein normales Leben, meine Hoffnungen, Ängste und kleinen Glücksmomente berücksichtigt.


Es ist beängstigend, wie schnell die Zeit vergeht. Ich erinnere mich noch, wie ich in Istanbul ankam, die ersten Eindrücke, die Überwältigung, das Neue. Glücklicher Weise war der Kulturschock für mich nicht dermaßen riesig, weil ich ja schon einiges von der Grabung gewohnt bin. Aber dennoch, diese Stadt ist einfach riesig, laut, dreckig, voll, überwältigend, mitreißend. Ich stand dort an meinem ersten Tag, alleine in Istanbul, den ganzen Tag hatte ich im Amt verbracht um meine Aufenthaltserlaubnis zu bekommen. Dort standen wahnsinnig viele Menschen, die alle eine Sprache sprachen, die ich hoffte, nach meinem Aufenthalt auch zu sprechen. Hektik, Gedrängel, Rücksichtslosigkeit, keine Vorteile für das kleine deutsche Mädchen, das keine Ahnung hat und doch einfach nur hier für eine Weile leben möchte. Nein, eher wurde noch versucht, die Erlaubnis zu verhindern, hier fehlt das Dokument, deswegen muss du zu dem Schalter, Rumgemale in Originalbescheinigungen, usw. Glücklicherweise hatte ich die Unterstützung einer türkischen Freundin, ohne sie wäre ich vielleicht wieder zurück gekommen. Nachdem ich dann noch einmal zurückkommen musste, hatte ich denn endlich meinen Ausweis: Aufenthaltserlaubnis bis zum 12.7.2008!


Ich stand also da, meine neue Heimat, ein Land, dessen Sprache ich nicht sprach, dessen Leute ich nicht kannte, in einer riesigen, unüberschaubaren Stadt. Wo ist es sicher? Welche Gegenden sollte ich meiden? Was muss ich beachten? Das erste Mal in meinem Leben war ich wirklich alleine. Mein Zuhause ein Heim, Vierbettzimmer, keine Steckdose, keine Privatsphäre. Wie wird mein Leben in den nächsten Monaten verlaufen? Was werde ich erleben? Wird es eine positive Erfahrung? Werde ich Probleme bekommen? Ich war zwar verunsichert, aber neugierig. Ich hatte keine Angst, erstaunlicher Weise, aber einfach keine Ahnung, ich war ja erst am Anfang dieser Reise…

Ganz alleine war ich allerdings nicht, denn sowohl im Heim, als auch in meinem Sprachkurs waren noch ganz viele andere Erasmusstudenten. Sehr viele aus Deutschland, aber auch sonst von überall her: aus den Niederlanden, Frankreich, Österreich, Schweden, Italien, usw. Nach dem Sprachkurs hat sich das Ganze aber ziemlich verteilt, da nur wenige in Istanbul geblieben sind. Einige sind auch nach Ankara und Izmir weiter.

In den ersten Tagen haben sich aber Freundschaften gebildet, die bis heute bestehen. Und ich hoffe, wir werden auch in der Zukunft weiterhin Kontakt haben.

Die Tatsache, dass ich fünf Wochen in dem Heim leben musste, letztendlich als einzige Ersamusstudentin, nachdem schon die ganzen Türkinnen kamen, die dort ihr Jahr verbringen würden, hat mich schon sehr deprimiert. Wieso haben alle was gefunden, nur ich nicht? Und ich konnte dieses Heim nicht mehr ertragen, diese Kontrolle, diese Enge, das Leben aus dem Koffer, die fehlende Privatsphäre, die türkischen Zicken, die Sprache, die ich nicht verstand, die Erzählungen von Freundinnen, wie schön doch das neue Zimmer sei. Ich hatte gleich in den ersten fünf Wochen einen dicken grippalen Infekt, habe eine Woche Sprachkurs verpasst und auch diverse freundschaftliche Anschlüsse. Und während meine Freunde Ausflüge gemacht haben, habe ich mir Zimmer angeschaut. Und das waren manchmal Baracken, wofür die Leute echt noch Geld haben wollten! Und oft war es auch so, dass man, obwohl man nur ein Zimmer hatte, die Hälfte der Miete tragen sollte. Die türkische Art der Mietteilung, weil alle davon ausgehen, dass Europäer einfach mehr Geld haben… pfff, mag ja bei manchen auch stimmen, aber eben nicht bei allen…

Die neue Wohnung, die ich dann endlich gefunden hatte, war auch echt super schön, und ich wollte dort ja auch unbedingt einziehen, aber im Endeffekt einfach zu teuer. Gut, die Lage war einfach unschlagbar, schön war sie ja auch, und ich dachte, wenn ich dort zehn Monate die Treppen steige, bekomme ich muskulöse Beine und nen knackigen Po.

Aber nachdem die Regenzeit in Istanbul im November anfing, stellte sich die Qualität der Bruchbude heraus, überall kämpfte sich Schimmel unter der Farbe hervor, der Vermieter meinte, wir müssten mehr lüften (war ja sowieso nur die ganze Zeit kalt, weil schlecht isoliert), und im Endeffekt hatte das nichts mit Lüften zu tun. Das war einfach nur eine Bruchbude, die nicht einen Pfennig wert war.

Nachdem ich wieder anfing zu suchen, kam ich glücklicherweise auf die Idee, meine Freundin von der Uni zu fragen. Seit Mitte Januar wohne ich jetzt dort, mit ihrer Zwillingsschwester und deren Bruder zusammen, und es ist super schön. Natürlich gibt’s auch hier Momente, in denen ich denke: „hä??? Was soll das denn jetzt?“ oder „Ich bin doch nicht eure Putzfrau!!“, aber das Zusammenleben auf persönlicher Ebene stimmt einfach. Alle drei sind super lieb, wir reden auch viel (leider sprechen alle drei sehr gut Englisch, ich faule Nuss wende somit mein Türkisch auch nicht allzu oft an), wenn ich Probleme habe, kann ich mit ihnen sprechen und wir unternehmen auch öfter was zusammen.

Cisem, meine Freundin von der Uni, bei der ich jetzt lebe, und ich haben z.B. am ersten Mai, als hier in Istanbul Demonstrationen waren und wo man als Normalbürger lieber zu Hause bleiben sollte, zusammen gepuzzelt! Für sie war es das erste (!) Puzzle, das sie bis zum Ende gemacht hat, und für mich war es eine Art Suchtbefriedigung – wer mich genauer kennt weiß, wie sehr ich puzzeln liebe!! Und vermisse!! Wir fahren manchmal auch zusammen zur Uni oder gehen ins DAI, und jetzt machen wir sogar Tandem, denn sie wird sehr wahrscheinlich im Oktober nach Münster kommen, und so können wir schön zusammen Deutsch und Türkisch lernen.

Leider werde ich aber noch mal umziehen müssen. Manchmal frage ich mich, was ich falsch gemacht habe, wer mich strafen will, aber ich versuche das einfach als Chance zu sehen, wieder neue Leute kennen zu lernen, weitere Erfahrungen zu machen. Noch mal mit anderen zusammen leben, mir wieder die Möglichkeit zu geben, mich selber wieder ein kleines Stück besser kennen zu lernen, in einer neuen Situation. Dank meiner Mädels kann ich aber für die letzten fünf Wochen bei Freunden von ihnen unterkommen, die ich auch kenne und die auch wirklich sehr nett sind. Nur schade, dass ich meinen ganzen Kram wieder packen muss, und fünf Wochen später wieder. Ich dachte auch, ich könnte jetzt die letzten Wochen noch entspannt und in Ruhe mit den dreien zusammen wohnen. Der Abschied wird schwer genug, jetzt muss ich von denen schon eher Abschied nehmen und ich fange schon in Istanbul an, alle drei zu vermissen. Ich bin froh, dass Cisem nach Deutschland kommen will, denn dann sehen wir uns noch ein Jahr länger. Und ich kann ihr meine Heimat zeigen.

….soviel fürs erste…Fortsetzung folgt…

Donnerstag, 8. Mai 2008

Hıdrellez Şenlikleri - Frühlingsfestival

An jedem 5. Mai wird in der Türkei das sogenannte "Hıdrellez Şenlikleri - Frühlingsfestival" gefeiert. Zum einen leitet es den Frühsommer ein, zum anderen ist das Fest dem Propheten Hızır geweiht, der vor allem im Frühling herumgeht und Menschen in schwierigen Situationen hilft, gute Menschen unterstützt, Wünsche erfüllt, Pflanzen zum Blühen bringt und Wunder bewirkt - er ist sozusagen das Symbol des Frühlings und des neuen Lebens, das damit verbunden ist.
In Istanbul wurde ein großes Straßenfest gefeiert, mit Musikanten, Gesang und Tanz, es konnten Wunschzettel aufgehängt werden an Bäumen oder Häusern, denn laut Brauch werden die Wünsche, die in dieser Nacht ausgesprochen werden, wahr.
Leider war es wirklich sehr sehr voll, ich konnte nur wenige Fotos machen, da ich recht früh gegangen bin. Aber die geben schon einen schönen Eindruck von dem Abend.


ein Blick in die Menschenmenge, rechts eine Häuserfront mit Wunschzetteln zu sehen


ein Blick in die andere Richtung, überall waren Lichterketten aufgehängt